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Gravitationswellen entdeckt? - Die Dritte

Alles begann mit Gerüchten: der US-amerikanische Theoretische Physiker [1] Lawrence Krauss [1] meldete bereits Ende letzten Jahres die vermeintliche Entdeckung von Gravitationswellen [1] am LIGO [1]. [2]
Krauss erntete viel Kritik: das sei voreilig, es gäbe bei den Messungen bewusst gestreute falsche Signale [2], die Auswertung der Daten sei nicht beendet, es sei keine Entdeckung wie die durch BICEP2 [1] im Jahr 2014, etc.

Nun scheinen sich die Gerüchte zu erhärten: am 11. Februar könnte die Entdeckung von Gravitationswellen [1, 2, 6] bekanntgegeben werden.

Nach 15 Jahren der erfolglosen Suche wäre das DIE Sensation.

Noch ist das nicht sicher. Jedoch kursieren seit Wochen Gerüchte, dass Forscher am LIGO [1] die Schwankungen der Raumzeit [1] endlich gemessen haben (Abb. 1).

Gravitationswellen
Gravitationswellen entstehen, wenn sich schwere Massen relativ zueinander beschleunigt bewegen. Die Gravitationswellen machen sich nur bei gewaltigen astrophysikalischen Ereignissen wie Paare von Neutronensternen [1] oder Schwarzen Löchern [1] bemerkbar, wenn diese in geringem Abstand umeinander spiralen und schließlich verschmelzen.

Derartige Objekte existieren tatsächlich im Universum: bereits im Jahr 1974 wurde ein Paar sich eng umkreisender Neutronensterne entdeckt [1]. Das Duo kam sich immer näher. Bei der Annäherung muss daher Energie "verloren" gehen; aber sie geht nicht verloren, sondern sie steckt in den Gravitationswellen, die das Duo (theoretisch) aussendet.

Vergleicht man also die Massen zweier Schwarzer Löcher vor und nach dem Verschmelzen, sollte die Massendifferenz in Form der gesuchten Gravitationswellen abgestrahlt worden sein.

Gravitationswellen können wir zwar nicht direkt sehen, wenn wir sie jedoch messen können, sie sind ein Informationsträger, der Aussagen über die Geschwindigkeit macht, mit der sich Veränderungen der Raumzeitkrümmung (durch die Anwesenheit sich schnell bewegender massereicher Objekte) ausbreiten. Sie messen sozusagen eine Art "Geschwindigkeit der Gravitation".

Der deutsche Physiker Albert Einstein [1] sagte vorher, dass sich die Gravitation, also auch deren wellenartige Struktur, mit Lichtgeschwindigkeit [1] ausbreitet.

grav

Abb. 1 Das Gravitationswelleninterferometer LIGO von oben.
LIGO befindet sich in einer wüstenartig aussehenden Region südöstlich von Washington. Jeder der beiden Arme des L-förmigen Detektors ist rund 4 km lang.
© LIGO

 

Nur Gerüchte?
Neue Gerüchte konkretisieren die Entdeckung: die LIGO-Wissenschaftler haben wahrscheinlich Gravitationswellen zweier ineinander spiralender Schwarze Löcher gemessen; es kursieren sogar konkrete Zahlen.
Gerüchte enthalten meist ein Körnchen Wahrheit ...

Der Autor dieser Nachricht, Clifford Burgess [1], Theoretischer Physiker [1] an zwei renommierten Instituten, schrieb seinen Kollegen und Studenten, das LIGO-Team habe ein Signal zweier verschmelzender Schwarzer Löcher entdeckt (Abb. 2).

Das Signal sei real und spektakulär.

Burgess habe die Details von Personen erhalten, die das zur Veröffentlichung in dieser Woche anstehende Manuskript der LIGO-Forscher gesehen hätten;
es beschreibe eine derartige Entdeckung. Er selbst habe die Veröffentlichung nicht gesehen, aber alles sei sehr glaubwürdig, so Burgess.

Was genau wurde (wahrscheinlich) entdeckt?
Burgess Information zufolge hat LIGO Gravitationswellen zweier Schwarzer Löcher mit Massen von ursprünglich 29 und 36 Sonnenmassen [1] gemessen, die umeinander kreisten und schließlich verschmolzen (Abb. 2). Nach der Verschmelzung besitze das Endprodukt angeblich eine Masse von 62 Sonnenmassen, die restlichen 3 Sonnenmassen seien als Gravitationswellen abgestrahlt worden - gemäss der Einstein-Formel E=mc² [1].

Wenn man darüber nachdenkt, wird es einem schwindelig: Innerhalb von Minuten werden Gravitationswellen abgestrahlt, deren Masseäquivalent [1, 3] etwa 3 Sonnenmassen entspricht. Der reine Wahnsinn!!!
Die rekonstruierte Geschwindigkeit, mit der sich die beiden Schwarzen Löcher umeinander bewegten, sei nahezu Lichtgeschwindigkeit gewesen.

Betrachten wir als Vergleich das Erde-Sonne-System: Die Erde umkreist die Sonne mit einer Geschwindigkeit von lächerlichen 30 Kilometern pro Sekunde. Das reicht für eine Aussendung von Gravitationswellen von etwa 200 Watt (W) [1] oder 2 handelsüblichen 100W-Glühlampen vor der neuen EU-Norm [1]. Das ist alles, was diese beiden riesigen Körper des Sonnensystems bei ihrer Bewegung umeinander abgeben. Messbar ist das derzeit keineswegs.

Das verschmelzende Duo der Schwarzen Löcher gab dagegen etwa 1046 Watt ab!!! Das sind wieviele Glühlampen??? ... Jedenfalls viel mehr als man in jedem deutschen Großmarkt kaufen kann.

Nur weil die beiden Schwarzen Löcher schwerer sind als das Erde-Sonne-System, sich schneller umkreisen und weniger weit voneinander entfernt sind, geben sie durch Gravitationswellen etwa
100.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000
mal mehr Energie pro Sekunde ab als das Erde-Sonne-System.

Der sog. Schwarzschildradius [1] der beiden beobachteten Schwarzen Löcher beträgt wahrscheinlich rund 185 bzw. 85 Kilometer. Dieser Radius markiert die Grenze eines Schwarzen Loches, unterhalb derer man nicht mehr aus ihm herausgelangt. Man fällt unweigerlich in das Zentrum - woraus immer es besteht.

Man habe sogar die Bildung eines sog. Kerr-Schwarzen Loches [1] beobachtet, das Endprodukt nach der Verschmelzung zweier rotierender und einander sich umkreisender Schwarzen Löcher; einfach gesagt handelt es sich um ein rotierendes Schwarzes Loch.

grav

Abb. 2 Nachricht von Clifford Burgess zur vermeintlichen Entdeckung von Gravitationswellen und einer möglichen Veröffentlichung am 11. Februar.
© C. Burgess

 

Es scheint als handle es sich bei den beiden beobachteten Objekten um relativ schwere stellare Schwarze Löcher [1]. Die beiden Objekte befanden sich in geringer Entfernung voneinander und beeinflussten sich daher gegenseitig; dies hat Auswirkungen auf die die beiden Objekte umgebende Raumzeit.

Das Gravitationswellenprofil
Sobald das System Gravitationswellen aussendet, verliert das System Energie und die Schwarzen Löcher spiralen langsam nach innen, in Richtung des gemeinsamen Schwerpunktes [1]. Dabei steigt die Frequenz der Gravitationswellen, ausserdem deren Amplitude [1]. (Abb. 3) Dadurch wird das Ineinanderspiralen beschleunigt; die Frequenz und die Amplitude der Gravitationswellen steigt weiter an bis die beiden Objekte ineinander fallen und miteinander verschmelzen.

Das dazugehörige Gravitationswellenprofil zeigt zunächst ein Aufschaukeln (die Amplitude wird immer höher, der zeitliche Abstand immer geringer) und einen Peak [1]. Danach fällt das Profil exponentiell ab; die Frequenz des Ereignisses schwächt sich in der sog. ring down-Phase (bzw. Frequenz) [1] ab.

grav

Abb. 3 Simulation eines Gravitationswellenprofils eines Schwarzen Loches mit
60 Sonnenmassen in einer Entfernung von rund 300 Millionen Lichtjahren nach der Verschmelzung zweier einzelner, sich umkreisenden Objekte. Dargestellt sind lediglich die letzten 8 Umkreisungen des Duos [3]. Der Graph stellt die Beziehung zwischen dem zeitlichen Ablauf (Time) in Sekunden und der Signalamplitude (h) dar. Nach der Verschmelzung beobachtet man einen sog. ring down. © [3]

 

Am LIGO könnte ein derartiges Ereignis gemessen werden, sobald die Frequenz oberhalb von 30 Hertz [1] liegt. Unterhalb dieser Frequenz wird das Signal durch das Detektorrauschen [1] überdeckt. Die Frequenz, ab der sich ein Signal bemerkbar macht, hängt von der Gesamtmasse des Schwarzen Lochs ab. Liegt die Gesamtmasse des Systems oberhalb von etwa 600 Sonnenmassen, liegt die ring down-Frequenz unterhalb von 30 Hz und verschwindet im Rauschen. Liegt die Gesamtmasse nur bei etwa einer Sonnenmasse, ist die Frequenz für eine Messung zu hoch. In diesem Fall kann nur das Ineinanderspiralen gemessen werden. [3]

In dieser Darstellung [4] wird das Ereignis deutlicher (Abb. 4):

  • Die Grafik (Abb. 4) beschreibt wieder den zeitlichen Ablauf der Amplitude (Intensität), mit der die die beiden Schwarzen Löcher (M1 und M2) umgebende Raumzeit verändert wird, sie schwingt.

Im 1. Bereich (Inspiral) umkreisen sich die beiden Schwarzen Löcher und kommen sich immer näher.

  • Die Annäherung der beiden enormen bewegten Massen bewirkt einen Anstieg der Amplitude der Gravitationswellen (Bereich 2, Merger), ausserdem folgen sie immer schneller aufeinander. In dieser Phase überlappen die Ereignishorizonte [1] beider Schwarzer Löcher; dabei wird die Geometrie der Raumzeit extrem kompliziert.
  • Das Duo verschmilzt zu einem neuen massereichen Schwarzen Loch (Mtot). Jedoch besitzt es kurz nach der Verschmelzung noch nicht die "optimale Form"; es ist noch nicht im Gleichgewicht. Nach und nach findet es sein Gleichgewicht und strahlt weiter Gravitationswellen ab (Bereich 3, ring down). Je näher das finale Schwarze Loch seiner Gleichgewichtsphase kommt, desto schwächer werden die Gravitationswellen, bis sie schließlich vollständig verschwinden.

Unsere Vorstellung dieser Gleichgewichtsphase beruht auf Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie [1]: das neue, reale Schwarze Loch wird beim Erreichen des Gleichgewichtszustands zu einem perfekten, stabilen Schwarzes Loch.

gravi

Abb. 4 Simulation der Verschmelzung zweiter stellarer Schwarzer Löcher.
Zunächst umkreisen sich die beiden Objekte und nähern sich immer weiter an (Inspiral), anschließend verschmelzen sie (Merger). Ein neues Schwarzes Loch entsteht, das schließlich seine Gleichgewichtsphase findet (ring down). © [4]

 

Aus der Sicht eines entfernten Raumschiffes sähe das schnell skizziert vielleicht so aus:

grav

Abb. 5 Schematische Darstellung der Phasen bei der Verschmelzung zweier massereicher Schwarzer Löcher bis zur Bildung eines neuen Schwarzen Lochs.
© cgwp.gravity.psu.edu

 

Laut einiger Vorhersagen [5] kann man mithilfe des ring down-Signals das Massenverhältnis des Schwarze-Löcher-Duos sowie deren Rotation (Spin [1]) bestimmen. Bei der vorliegenden vermeintlichen Entdeckungsmeldung handelt es sich offensichtlich um Schwarze Löcher mit 29 bzw. 36 Sonnen-
massen. Kurz vor ihrer Verschmelzung haben sie sich wahrscheinlich rund
300 Mal pro Sekunde umkreist.

 

Die Signifikanz
Die statistische Signifikanz [1] der Entdeckung soll sehr hoch sein (5,1 σ*) und den physikalischen Standard von 5 σ* [sigma, 1, 2] überschreiten. Diese Grenze gilt zur Unterscheidung starker Hinweise von einer Entdeckung.
Bei der Ankündigung der Entdeckung von Gravitationswellen mit 5 σ würde es sich um ein Ereignis handeln, bei dem es sich nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,000057 Prozent um einen "Fehlalarm" handelt - vorausgesetzt die Auswertung war sorgfältig und die Detektoren arbeiteten ordnungsgemäß.

 

Was wird gemessen?
Das LIGO-Interferometer [2] besteht aus zwei optischen Instrumenten, mithilfe derer die Forscher nach der infinitesimal geringen Dehnung der Raumzeit suchen, die sich durch Gravitationswellen bemerkbar macht.
Laut Burgess sollen beide Detektoren Signale des Duos aus Schwarzen Löchern gemessen haben. Der Messwert soll den Vorhersagen entsprechen.

Dabei ist der Messwert unheimlich gering: man versucht sozusagen bei einem Stab der Länge von 1.000.000.000.000.000.000.000 Metern eine Längenänderung von rund 5 Millimetern zu messen. Im Fall von LIGO entspricht die Messung einer Längenänderung einer der beiden etwa 4 km-langen Arme einem Zehntausendstel des Durchmessers eines Protons [1].

Ursprünglich soll LIGO zuerst die Untersuchung zweier umeinander spiralender Neutronensterne geplant haben. Allerdings ist ein Signal zweier verschmelzender Schwarzer Löcher wesentlich stärker und daher in grösseren Entfernungen messbar - falls Gravitationswellen existieren.

Zunächst war LIGO für die Messung potentieller Gravitationswellen bis zu Entfernungen von rund 50 Millionen Lichtjahren (Lj) [1] ausgelegt. (Zum Vergleich: die uns nächste Spiralgalaxie [1] ist rund 2,5 Millionen Lj entfernt.)
Nach dem Upgrade [1, 2] und der Wiederinbetriebnahme im letzten Jahr soll LIGO nun Gravitationswellen bis in Entfernungen von rund 230 Millionen Lj entdecken können.

Andere - weniger zuverlässige - Quellen berichten sogar von der Entdeckung von Gravitationswellen von mehreren Himmelsquellen.

Bis das LIGO-Team die aktuellen Ergebnisse veröffentlicht, bleibt alles reine Spekulation. Die Veröffentlichung soll - laut Burgess - bereits in dieser Woche erfolgen.

Eine vermeintliche Pressekonferenz soll am
Donnerstag, den 11. Februar, um 16:40 Uhr,
in Washington D.C. stattfinden. - Übrigens hat LIGO nichts mit Washington zu tun ... Die Detektoren befinden sich in anderen US-amerikanischen Bundesstaaten. Also ... muss es sich offensichtlich um ein wichtiges Ereignis handeln, oderrrrrrrr?

 

Auswirkungen
Falls die Entdeckung von Gravitationswellen tatsächlich gelungen ist, bestünde eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass der diesjährige Nobelpreis für Physik zu diesem Thema vergeben wird - vorausgesetzt die Nominierung dazu erfolgte vor der Deadline am 31. Januar.

Viel wichtiger aber wäre: Die Entdeckung bzw. Messung von Gravitationswellen würde die Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie Albert Einsteins endlich bestätigen und somit ein neues astronomisches Fenster für die Beobachtung bzw. Messung extremer kosmischer Phänomene wie miteinander verschmelzender Neutronensterne und Schwarzer Löcher ermöglichen.

 

Sehr aufregend!!!
Hoffen wir, es ist dieses Mal kein Gerücht!!!

Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] http://ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__gravitationswellen_entdeckt.html

[3] Hannam, M. (2009)

[4] Salcido, J., et al., MNRAS (21 Jan 2016)

[5] Kamaretsos, I., et al., Phys.Rev.Lett.. (29 Aug 2012)

[6] Science (5 Feb 2016)

 

 

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