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Philae erneut im Winterschlaf?

Der Kometenlander Philae [1, 1a] gilt als verschollen, möglicherweise befindet er sich bereits irgendwo auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko ("Chury") [1, 1a] im Winterschlaf.

Wir möchten den Ablauf seit der Philaes erstem Landeversuch auf Chury rekonstruieren und machen uns auf die Suche nach dem wahrscheinlichsten endgültigen Landplatz des Kometenlanders.

Die erste Aufnahme
Die nachfolgende Abbildung (Abb. 1) zeigt das erste Bild, das Philae nach dem ersten Kontakt mit der Kometenoberfläche mithilfe der CIVA-Kamera (Comet Infrared and Visible Analyser) [1] aufgenommen hat. Die Unschärfe entstand durch die Eigenbewegung des Landers gegenüber dem Kometen. Beim 1. Kontakt mit Churys Oberfläche betrug Philaes Geschwindigkeit rund 3,2 Kilometer pro Stunde.

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Abb. 1 Die erste Aufnahme des Kometenlanders Philae nach der ersten Berührung
der Oberfläche des Kometen Chury am 12. November 2014.
Die Bildunschärfe entstand durch die Eigenbewegung von Philae
gegenüber dem Kometen. © ESA/Rosetta/Philae/CIVA

 

Der erste Aufsetzer Philaes auf der Kometenoberfläche ist bekannt: er konnte während des Absinkens von Philae in Richtung der Oberfläche mithilfe von hochauflösenden Aufnahmen von ROLIS (ROsetta Lander Imaging System) mit den optischen, spektroskopischen und Infrarot-Aufnahmen (OSIRIS) [1] identifiziert werden. Beide Instrumente befinden sich an Bord des Orbiters Rosetta [1].

Philae konnte bei ihrer ersten Berührung mit der Kometenoberfläche nicht ankern. Das Abprallen und der danach folgende "erste Sprung" des Landers zum nächsten Kontakt (Abb. 2) mit der Kometenoberfläche dauerte fast zwei Stunden; dabei erreichte Philae eine Höhe von rund einem Kilometer.

Am Ende des Kometenhoppings erreichte Philae die Klippe Perihelion Cliff [1] und landete. Der finale Landeplatz namens Agilkia J [1] ist rund einen Kilometer von der ursprünglich geplanten Landestelle entfernt.

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Abb. 2 Schematische Darstellung des Landeverhaltens von Philae.
Nach ihrer ersten Berührung der Kometenoberfläche um 15:33 Uhr (1) konnte
Philae ihre beiden Harpunen nicht verankern und prallte von der Oberfläche ab.
Auch nach dem 2. Landeversuch um 17:26 Uhr (2) konnte sich Philae nicht
festhalten und landete erst um 17.33 Uhr (3) auf der Kometenoberfläche.
Die vertikale Skala zeigt die Höhe des Landers über der Kometenoberfläche an.
© MailOnline

 

Nach der finalen Landung von Philae entstand die folgenden Aufnahme (Abb. 3):

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Abb. 3 Erste Aufnahme des Kometenlanders Philae nach der finalen Landung
auf der Kometenoberfläche am Perihelion Cliff.
© ESA/Rosetta/Philae/CIVA

 

Die topographische Modellierung der Kometenoberfläche lässt darauf schliessen, dass sich Philae in einer Schräglage am Perihelion Cliff [1] befindet (Abb. 4) und auf eine Felswand (Abb. 3) blickt. Die Formation Perihelion Cliff erhielt ihre Bezeichnung in der Hoffnung, Philae könnte aufgrund des Schattenwurfs bis zu Churys Perihel [1] (und der dabei ansteigenden Kometenaktivität) überleben.

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Abb. 4 Topographische Modellierung der Position des Kometenlanders
Philae am Perihelion Cliff. Der Lander (blau) befindet sich zwischen zwei relativ hohen Felswänden und liegt somit zeitweise im Schatten. Die Aufnahme der nahegelegenen Felswand (Abb. 2) ist ebenfalls eingeblendet.© ESA/Rosetta/Philae/CNES/FD/CIVA

 

Aufgrund der Schräglage des Landers gegenüber der Kometenoberfläche gelang Philae beispielsweise keine Bohrung bzw. keine Probenentnahme des Kometen.

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Abb. 5 Bereich des vermuteten Landplatzes von Philae.
Auf einigen Aufnahmen war ein sich spiegelnder kleiner Punkt (weisser Pfeil)
zu sehen, den man für den Kometenlander hielt.
© ESA/Rosetta/NavCam/M. Malmer

 

Später wurde auf mehreren NavCam-Aufnahmen [1] ein kleiner glänzender Punkt gefunden, der möglicherweise von Philae hätte stammen können (Abb. 5).

Zur weiteren Suche nach Philae wurde die Bahn des Kometenorbiters Rosetta bis auf rund 10 Kilometer abgesenkt.

Am 2. Januar 2015 verlautete die Europäische Raumfahrtbehörde ESA [1], man habe Philae noch immer nicht finden können; jedoch wurde die Bahn von Rosetta bereits am 24. Dezember 2014 erneut angehoben; eine weitere Annäherung an den bereits aktiveren Kometen erfolgte erst Mitte Februar 2015.

Es war bzw. ist immer noch schwierig Philaes genauen Landeplatz zu ermitteln (Abb. 6).

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Abb. 6 Spekulationen zum finalen Landeplatz von Philae.
Die blaue Linie weist auf Philaes Bewegung wie sie die OSIRIS-Kamera [1] an Bord
von Rosetta aufgenommen hat. Die Richtung der Bewegung des Kometenlanders
auf einem Video (gelbe gestrichelte Linie) weist in eine andere Richtung. Nach dem missglückten ersten Aufsetzen von Philae, hüpfte sie weiter ostwärts (grüner Bogen) und setze ein zweites Mal auf (roter Pfeil). Unklar ist, wo sich Philae gegenwärtig aufhält (hellgelber Pfeil). © ESA/Rosetta/NavCam/R. Sherman

 

Eine andere Perspektive zeigt die Bewegung von Philae seit ihrem ersten Kontakt mit der Kometenoberfläche bis zur (wahrscheinlichen) finalen Landeposition (Abb. 7):

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Abb. 7 Zeitliche Bewegung des Landers Philae über die Kometenoberfläche.
Nach der ersten Berührung der Kometenoberfläche (pinkfarbener Pfeil) um 15:34 Uhr im geplanten Landegebiet Agilkia J bewegte sich Philae weiter in Richtung einer riesigen Felswand (blauer Pfeil). OSIRIS konnte Philaes Bewegung gegen 15:43 Uhr festhalten (lilafarbener Pfeil entlang der blauen Linie); der 2. Kontakt erfolgte um 16:20 Uhr an einer Felswand (blaues Pfeilende); danach hüpfte der Lander bis zur 2. Landung um 17:25 weiter (grüner Pfeil) und landete schliesslich final um 17:32 Uhr (rotes Pfeilende). © ESA/Rosetta/NavCam/R. Sherman

 

Aufgrund der langen Flugzeit vom 1. Kontakt bis zur finalen Landung auf Chury drehte sich der Komet weiter um sich selbst, in besagtem Zeitraum um 22 Grad.

Der finale Landplatz Philaes könnte sich auf dieser Aufnahme (Abb. 8) befinden:

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Abb. 8 Möglicher finaler Landeplatz des Kometenlanders Philae.
Der rot markierte Bereich zeigt das vermutete Landeareal von Philae.
Aufnahme vom 18. Januar 2015. © ESA/Rosetta/NavCam/CC BY-SA IGO 3.0

 

Wahrscheinlich befindet sich Philae in einer tiefen Schlucht in einem zeitweise unbeleuchteten Areal (Abb. 9).

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Abb. 9 Möglicher finaler Landeplatz des Kometenlanders Philae.
Der rot markierte Bereich zeigt das vermutete Landeareal von Philae.
Aufnahme vom 18. Januar 2015. © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

 

Mithilfe des CONSERT-Experimentes (Comet Nucleus Sounding Experiment by Radio wave Transmission) bzw. dem Aussenden von Radiosignalen [1] zwischen dem Orbiter und dem Lander konnten die Verantwortlichen den Aufenthaltsort des Kometenlanders indirekt bestimmen: es handelt sich um ein elliptisches Gebiet mit einer Ausdehnung von 16 x 160 Metern (Abb. 8 und 9, 9a). Die Landeellipse befindet sich direkt ausserhalb der Felswand des Hatmehit-Gebietes [1].

Dennoch war man sich über den endgültigen Landeplatz lange nicht einig (Abb. 9a):

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Abb. 9a  Mögliche finale Landeplätze des Kometenlanders Philae.
Mithilfe der CONSERT-Daten bzw. unterschiedlichen Annahmen bezüglich der Form von Chury wurden zwei unterschiedliche finale Landegebiete ermittelt. (Dezember 2014) © ESA/Rosetta/Philae/CONSERT

 

Die markierte Landezone von Philae wurde in Übereinstimmung mit der Nomenklatur anderer Regionen Abydos [1] getauft - wahrscheinlich in der Hoffnung, dass Philae bald aus ihrer Versenkung auftauchen würde. In der griechischen Mythologie bezeichnet man Abydos als wichtigste Begräbnisstätte Ägyptens, ein Ort des Todes und der Wiederauferstehung (der Seele).

Eine morphologische Analyse
Eine detaillierte morphologische Analyse von Abydos [2] versuchte mithilfe von Aufnahmen mit CIVA und NAC (OSIRIS Narrow Angle Camera) [1] vom 6. Dezember 2014 eine Karte, gravitative Aussagen, die Verteilung von Felsbrocken sowie der dazugehörigen Albedo [1] zu erstellen. Das Ergebnis weist darauf hin, dass sich Philae auf sog. primordialen Terrain [1] befinden könnte (Abb. 10). Die Abydos-Region ist von zwei geschichteten und frakturierten Felsen umgeben.

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Abb. 10 Möglicher finaler Landeplatz des Kometenlanders Philae, der mithilfe
von geomorphologischen Studien bestimmt wurde. Der kleine gelbliche Kreis (Bild unten) deutet auf den möglichen Aufenthaltsort  des Kometenlanders. Aufnahme vom 6. Dezember 2014. © OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA [2]

Wir wissen nicht, wo sich Philae befindet, aber so oder so ähnlich könnte sich Philae an Chury festgeklammert haben und wieder in den Winterschlaf gefallen sein (Abb. 11):

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Über weitere Ergebnisse zum Kometen Chury und dem Lander Philae werden
wir Sie auf dem Laufenden halten.
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Falls Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Mehr Information über astronomische Begriffe www.wikipedia.de

[1a] Artikelserie zum Kometen Chury
http://ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta__hauptseite.html

[2] Lucchetti., A., et al., A&A 585, L1 (2016)

 

 

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