Header image  
Hutzi Spechtler  
   Jahreskalender - aktuelle Zeit Deutschland
 

 
 
 
 

Rätsel auf Churys Oberfläche

Mit der zunehmenden Annäherung der Rosetta-Sonde [2, 3] an den Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko („Chury“) [2, 3] wurden endlich wieder einige neue Bilder veröffentlicht, die weitere interessante und teilweise rätselhafte Details der Kometenoberfläche zeigen.

Rosetta war am 9. Oktober um Mitternacht (UT) 472 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Erst nach 1.574 Sekunden oder 26 Minuten 14 Sekunden erreichen uns ihre Signale.

Aufnahmen vom 30. September
Am 30. September entstand diese interessante Aufnahme (Abb. 1): sie zeigt einen Teilbereich des Kometen aus einem Abstand von 18,1 Kilometern. Die Aufnahme verdeutlicht wie stark die Kometenoberfläche zerklüftet ist.

ros

Abb. 1 Aufnahme des Kometen Chury am 30. September.
(Entfernung 18,1 Kilometer)  © ESA/ROSETTA/NAVCAM

 

Die dazugehörige Großaufnahme (Abb. 2) ist ein Mosaik aus vier Aufnahmen:

ros

Abb. 2 Mosaik des Kometen Chury am 2. Oktober aus einer Entfernung
von 19 Kilometern. (Abbildungsmaßstab 1,45 m/Pixel, Dimension 1,5 km²)
© ESA/ROSETTA/NAVCAM

 

Eine Bruchkante?
Bereits im August war einem Beobachter der Rosetta-Aufnahmen eine „Bruchkante“ aufgefallen, die auf neueren Aufnahmen noch besser zu sehen ist (Abb. 3).

Die nachfolgende Aufnahme vom 3. August zeigt neben verschiedenen möglichen Landeplätzen (alphabetische Bezeichnungen), die zu diesem Zeitpunkt diskutiert wurden, eine mit grünen Pfeilen markierte Struktur im Halsbereich des Kometen, die die vermeintliche Bruchkante zeigt.

ros

Abb. 4 Aufnahme des Kometen Chury am 3. August.
Die (roten) Buchstaben bezeichnen vormals diskutierte Landeplätze für die
Rosetta-Sonde. Die grünen Pfeile markieren eine langgestreckte
Struktur im Halsbereich des Kometen, die einer Bruchkante ähnelt. 
© ESA/ROSETTA/NAVCAM

 

Die nachfolgende Aufnahme zeigt das mit den grünen Pfeilen markierte Gebiet der Oberfläche im Halsbereich des Kometen im Detail (Abb. 5).

ros

Abb. 5 Detailaufnahme des Kometen Chury im Bereich einer
langgestreckten Struktur, die einer Bruchkante ähnelt (links).
Sie befindet sich im Halsbereich des Kometen.  © ESA/ROSETTA/NAVCAM/G.F.

 

Die in der Aufnahme auffälligen Strukturen sind in der nächsten Aufnahme markiert: die im roten Kreis liegenden Strukturen ähneln einer „Abschürfung“ der Oberfläche, die langgestreckte, einer Bruchkante ähnelnden Struktur ist mit einem blauen Pfeil und die riesigen Felsbrocken mit einem grünen Pfeil markiert.

ros

Abb. 6 Detailaufnahme des Kometen Chury im Bereich einer langgestreckten
Struktur, die einer Bruchkante ähnelt (blauer Pfeil), einer Region mit riesigen Felsbrocken (grüner Pfeil) und einem Gebiet, das hellen Abschürfungen ähnelt
(roter Kreis).  © ESA/ROSETTA/NAVCAM/G.F./yaw

 

Die beiden Aufnahmen stammen vom 2. Oktober und wurden aus einer Entfernung von rund 19 Kilometern aufgenommen. Betrachtet man insbesondere die riesigen Felsbrocken genauer, könnte oberhalb des Gesteinsbrockens eine Art „Rollspur“ zu erkennen sein. Möglicherweise rollte der Felsbrocken einen Hang hinab.

Auch auf der nächsten Aufnahme kann man eine Reihe großer Felsbrocken auf der Kometenoberfläche entdecken.

Der Felsbrocken „Cheops“
Die OSIRIS-Kamera der Kometensonde Rosetta nahm am 19. September eine interessante Region von Churys Oberfläche auf (Abb. 7):

ros

Abb. 7 Aufnahme des Kometen Chury.
Das rote Viereck markiert einen Bereich, auf dem zahlreiche große Felsbrocken
zu finden sind.  © ESA/ROSETTA/NAVCAM

 

Das Gebiet zeichnet sich durch teilweise stark geneigte Berghänge aus, weiter existieren dort scharfkantige Klippen und Vertiefungen sowie kraterähnliche Strukturen, parallel verlaufende Rillen und Gräben sowie zahlreiche Gesteinsbrocken inmitten eines relativ flachen Gebietes.

Beispielsweise haben die Forscher in einer Region auf einer Fläche von etwa einem Quadratkilometer mehr als 300 Felsblöcke gezählt, die jeweils einen Durchmesser von mehr als drei Metern besitzen.

In der flachen Ebene (Abb. 7, Bildmitte) befinden sich eine Reihe von einzelnen großen Felsbrocken. Der markierte große Gesteinsbrocken erhielt den Namen „Cheops“, weil er die Forscher an die Pyramidengruppe von Gizeh [1] erinnerte. Die Cheops-Pyramide [1] ist die größte dieser Pyramiden.

Cheops und die umliegende Gruppe der großen Brocken befinden sich in einem „Geröllfeld“, das bereits seit dem 6. August bekannt ist (Abb. 7a).

ros

Abb. 7a Detail aus Abbildung 7. Es zeigt ein flaches Gebiet,
in dem sich zahlreiche große Gesteinsbrocken befinden.
Aufnahme vom 6. August. © ESA/ROSETTA/OSIRIS

 

Cheops ist der größte Brocken in dieser Ebene (unterhalb der Bildmitte) und schätzungsweise 25 Meter hoch und 45 Meter lang.

Leider wurden bislang nur sehr zaghaft solche [... hochaufgelösten ...] Aufnahmen veröffentlicht und die Allgemeinheit ist auf die rund 10 Mal weniger gut aufgelösten Bilder der ESA Navigationskamera angewiesen. Offensichtlich herrschen beim Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) andere Gesetze als bei allen anderen wissenschaftlichen Institutionen in der Weltraumfahrt. Die NASA als Beispiel veröffentlicht täglich alle Rohbilder der Mars Missionen Opportunity, Curiosity oder Saturn Mission Cassini. Die MPS Wissenschaftler vergessen dass die OSIRIS Kamera mit Steuergeldern finanziert wurde und darum die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat die Bilddaten jetzt zu sehen, und nicht in einem halben Jahr. Dann interessiert sich niemand mehr für die OSIRIS Daten [...].“ (Quelle: http://www.spacescience.ch)

Die Detailansicht des markierten großen Felsbrockens zeigt interessante Strukturen, insbesondere der Oberfläche des Felsbrockens (Abb. 8).
Die Aufnahme entstand am 19. September aus einer Entfernung von 28,5 Kilometern.

ros

Abb. 8 Detail der Kometenoberfläche.
Großer Felsbrocken im Bereich des in Abb. 7 markierten Rechteckes.
(Aufnahme vom 19. September, Entfernung 28,5 Kilometer)
© ESA/ROSETTA/NAVCAM

 

Gegenwärtig können die Wissenschaftler die Anwesenheit, Form und das Aussehen dieser Gesteinsbrocken nicht erklären.

Denkbar sind folgende Ursachen:
(i) Möglicherweise handelt es sich um Teile festeren Materials, die aus der Kometenoberfläche herausragen. Eventuell ist die den Brocken umgebende Eisoberfläche verdampft. Das Verdampfen von Material an der Kometenoberfläche ist bei Kometen nicht unüblich.
(ii) Die Gesteinsbrocken könnte durch die Aktivität des Kometen aus der Oberfläche herausgeschleudert worden und auf die Kometenoberfläche zurückgefallen sein. Wenn der Druck unterhalb der Kometenoberfläche zu groß wird, beispielsweise bei zunehmender Sonnennähe und steigender Temperatur, kann die Kruste des Kometen aufbrechen und Material freigeben.
(iii) Eine dritte Möglichkeit erwägt, dass es sich um kleinere Meteoriten handelt, die sich auf der Kometenoberfläche festgesetzt haben.

Eine starke Vergrößerung des Felsbrockens Cheops zeigt eine interessante und seltsame Struktur (Abb. 9a) seiner Oberfläche.

ros

Abb. 9a Detail der Oberfläche des markierten Felsbrockens.
© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS/G.F.

 

Die starke Vergrößerung des Felsbrockens zeigt einen eher untypischen Felsbrocken, der scheinbar nicht von einer größeren Struktur abgesprengt wurde. Cheops ist nicht rund, sondern scheint eher inhomogen und aus zahlreichen Einzelteilen zu bestehen, als wäre er aus kleineren Felsbrocken „zusammengebacken“.

Die Oberfläche von Cheops erscheint zerklüftet und unregelmäßig“, so ein Mitarbeiter des MPS (Max Planck-Institut für Sonnensystemforschung) [1]. Dabei sind die dunklen Bereiche der Oberfläche des Felsbrockens besonders interessant: sie scheinen die gleiche Helligkeit zu besitzen wie die Ebene, auf der der Bocken liegt. "Es sieht fast so aus, als ob der lose Staub, der die Oberfläche des Kometen bedeckt, sich in den Ritzen abgelagert hat“.

Bearbeitet man das Originalbild auf eine andere Art und Weise und färbt es ein, wird die Übereinstimmung der Helligkeiten (und die mögliche Materialart) zwischen dem Untergrund und den dunklen Stellen auf der Oberfläche von Cheops noch deutlicher (Abb. 9b).

ros

Abb. 9b Detail der Oberfläche des markierten Felsbrockens.
(Falschfarben) © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS/yaw

 

Cheops scheint isoliert im Gelände zu liegen und nicht mit den anderen Gesteinsbrocken verbunden zu sein. Das umliegende Gebiet weist bisher keine Spuren eines Impaktereignisses auf, es sei denn, diese Spuren wären bereits erodiert.

Diese Merkmale sprechen eher für die Zugehörigkeit von Cheops zum Kometen und möglicherweise tatsächlich dafür, dass diese Art Brocken aus dem Inneren von Chury stammen. Beim Ausgasen des unter der Kometenoberfläche entstehenden Überdrucks könnte die Kruste des Kometen aufgebrochen sein; möglicherweise ist das umliegende Material dabei eingestürzt und hat diese Strukturen bzw. Objekte hinterlassen.

Eine wirklich sehenswerte Animation zum Cheops-Felsbrocken finden Sie unter [5]. Bitte unbedingt ansehen!

Rosetta soll dieses Gebiet bei seiner heutigen Annäherung bis auf rund 10 Kilometer an den Kometen nochmals genauer unter die Lupe nehmen.

Hier endlich wieder einmal ein ganz aktuelles Bild: die Aufnahme vom 8. Oktober entstand aus einer Entfernung von 16,9 Kilometern (Abb. 10).

ros

Abb. 10 Mosaik-Aufnahme des Kometen Chury vom 8. Oktober.
(Entfernung 16,9 Kilometer, Abbildungsmaßstab 1,25 m/Pixel,
Ausdehnung 1,3 km²)  © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS

 

Im linken oberen Teil des Mosaiks befinden sich die beschriebenen Gesteinsbrocken. Auf dem glatten Oberflächenbereich ist Cheops der erste Brocken von links.

Nachfolgend der rechte untere Teil dieser Mosaik-Aufnahme. Die Entfernung Rosettas zu diesem Teil des Kometen betrug an diesem Tag 15 Kilometer.
Die Aufnahme zeigt deutlich wie unterschiedlich Churys Oberfläche ist:
neben gebirgigen und zerklüfteten Strukturen existieren flache Landschaften mit ungewöhnlichen, bisher unverstandenen Strukturen wie den großen Gesteinsbrocken.

ros

Abb. 11 Detail aus der Mosaik-Aufnahme des Kometen Chury vom 8. Oktober.
© ESA/Rosetta/NAVCAM

 

Die Vergrößerung einzelner Ausschnitte (Abb. 12A-c) aus dem Mosaik vom 8. Oktober zeigt die unterschiedlichen Strukturen auf dem Kometen Chury:

ros

Abb. 12a Ausschnittsvergrößerung der Mosaikaufnahme vom 8. Oktober:
Felsbrocken in einer Ebene. (obere linke Aufnahme) © ESA/Rosetta/NAVCAM

ros

Abb. 12b Ausschnittsvergrößerung der Mosaikaufnahme vom 8. Oktober:
Gebirgige Strukturen (untere rechte Aufnahme) © ESA/Rosetta/NAVCAM

ros

Abb. 12c Ausschnittsvergrößerung der Mosaikaufnahme vom 8. Oktober:
Felsbrocken in einer Ebene. (obere linke Aufnahme) © ESA/Rosetta/NAVCAM

 

Übrigens finden Sie ein animiertes Modell des Kometen Chury unter [4].

Weitere Bahnänderungen – Grünes Licht für die 10km-Bahn
Letzte Wochen haben die Verantwortlichen der Rosetta-Mission beschlossen, die Kometensonde bis auf 10 Kilometer an die Oberfläche von Chury anzunähern. Dazu wird die Sonde durch verschiedene Manöver von 18,6 Kilometer auf einen Orbit von 18,6x9,8 Kilometern (Periode 5 Tage) gebracht. Dann soll die Sonde eine Bahn mit einem Radius von rund 9,8 Kilometern erreichen (Periode rund 66 Stunden). Rosetta befindet sich in diesem Stadium in der sog. Nahen Beobachtungsphase (COP, Close Observation Orbit).

Während dieser Phase erhoffen sich die Wissenschaftler noch besser aufgelöste Bilder, insbesondere des Landeplatzes für Philae. Dabei soll Staub des Kometen eingesammelt und die Zusammensetzung der Gase in Kernnähe untersucht werden.

Die COP-Phase soll bis zum 28. Oktober andauern. Danach begibt sich Rosetta in einen sog. Pre-Delivery-Orbit, eine leicht elliptische Bahn mit rund 30 Kilometern Entfernung zum Kometenkern.

Zur Erinnerung: hier, am Landeplatz „J“ (gelbe Markierung), wird Philae
[2, 3]auf der Kometenoberfläche aufsetzen.

ros

Abb. 13 Aufnahme des Landeplatzes für Philae.
© ESA/Rosetta/NavCam/Mattias Malmer.

 

Wenn der Landeplatz „J“ am 14. Oktober bestätigt wird, wird am Tag der Landung, am 12. November gegen 06:35 UT (07:35 MEZ), ein Manöver gestartet, das den Lander Philae aus 22,5 Kilometern Entfernung auf den Kern des Kometen Chury bringen soll.

Bis dahin halten wir Sie weiter mit hoffentlich interessanten neuen Bildern auf dem Laufenden.

 

Falls Sie Fragen und/oder Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Information über astronomische und physikalische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Mehr Information über die ESA, Rosetta und Philae
http://www.esa.int/ESA
http://www.dlr.de

[3] Weitere Information über Chury und Kometen auf unserer Webseite
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_atmosphaere_von_kometen.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles_philae.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__neues_rosetta.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta15_09_2014.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta_chury_wird_aktiver.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__rosetta_philae_landet_12_november.html
http://www.ig-hutzi-spechtler.eu/aktuelles__neues_uber_den_kometen_chury_3d.html

[4] Modell des Kometen (Animation)
http://sci.esa.int/science-e-media/img/c8/Rosetta_OSIRIS_67P_model_20141003_625.gif
nicht animiert
http://mattias.malmer.nu/

[5] Animation zum Cheops-Felsbrocken
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=-FTnzOLydqM

 

 

zurück